Spiel, Satz und Sieg: Der Förderverein des BSZ Stockach ermöglicht VABO-Schülern kostenloses Tennisspielen
„Wir fangen ganz langsam an. Wenn man Tennisanfänger ist, kann man nicht einfach drauflos spielen“, erklärt die Clubtrainerin des TC Stockach Marijana Frank, eine kroatische Ex-Profispielerin. „Ihr müsst erst einmal ein Gefühl für den Ball und den Schläger entwickeln, bevor ihr über das ganze Feld spielen könnt“, bremst sie die Euphorie der Schüler und Schülerinnen der VABO (Vorqualifizierung Arbeit und Beruf ohne Deutschkennnisse). Die Jugendlichen aus Syrien, Afghanistan, Italien, dem Kosovo, Sri Lanka und dem Vietnamkönnen es kaum erwarten die ersten Schläge zu machen.
Der Ausflug auf den Tennisplatz in Stockach ist eine willkommene Abwechslung zum Schulalltag. 15 Stunden in der Woche Deutsch lernen ist schließlich harte Arbeit, da braucht es ab und zu eine Auszeit. Deswegen organisierte Klassenlehrerin Christine Angele zum Abschluss des Schuljahres einen Sporttag. „Auf dem Tennisplatz geht es nicht um Grammatik, sondern um Bewegung und Spaß mit der ganzen Klasse.“ Nichts verbindet schneller, als miteinander Sport zu treiben. Sprachliche Barrieren sind da nebensächlich. Der Förderverein des BSZ Stockach war sofort von der Idee begeistert und sagte finanzielle Unterstützung zu. „Genau solche Anlässe, die sich die Schüler und Schülerinnen alleine nicht leisten könnten, fördern wir gerne“, so Fördervereins-Vorstandsmitglied Sigfried Hander.
Dann endlich die ersten Übungen: Vorhand, Rückhand, Vorhand, Rückhand. Immer abwechselnd. Zum Schluss die schwerste Übung: Den Ball mit der Schlägerkante jonglieren. Auch zwei Spieler der ersten Herrenmannschaft, Rodrigo Arus aus Urugay und der Stockacher Marvin Fiedler verraten der Klasse wertvolle Tipps. Am Ende der drei Trainings-Stunden spielen sie sogar schon in einem richtigen Match um Punkte. Der sonst schüchterne 15-jährige Lam aus dem Vietnam blüht auf dem Platz richtig auf.
Der Badmintonspieler ist ein richtiges Naturtalent und strahlt nach jedem Punktgewinn mit der Sonne um die Wette. Er hat sich nach dem Training direkt mit seinen Klassenkameraden zum nächsten Match verabredet. Auch Omid ist sofort von der Sportart fasziniert. Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Ramin möchte er regelmäßig auf die Anlage kommen. „An der Ballwand kann ich sogar ganz alleine üben“, ist der 17-Jährige aus Afghanistan begeistert. Auch für den 20-jährigen Charbel ist der Sporttag eine willkommene Abwechslung zur Schule und den doch oft viel zu engen Unterkünften. „Ich kann draußen sein, neue Leute kennenlernen und so gleichzeitig auch noch mein Deutsch verbessern“, bringt er es auf den Punkt.
Laut einer englischen Studie sind Flüchtlinge, die sich gemeinsam mit anderen sportlich betätigen, besser integriert. Das will auch der Tennisclub Stockach fördern. Für den TC Stockach ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die jungen Flüchtlinge kostenlos auf der Anlage sein dürfen. „So haben sie die Chance Kontakte zu knüpfen und mit neu gewonnenen Freunden die deutsche Sprache schneller zu lernen“, erzählt Michael Freitag, der erste Vorsitzende des Clubs.
Klassenlehrerin Christine Angele, selbst aktive Mannschafts-spielerin hat den Schülerinnen und Schülern beim Trainieren zugeschaut und war völlig begeistert von den schnellen Fortschritten. „Ich habe mir gewünscht, dass sie einfach mal auf andere Gedanken kommen und wir allen gemeinsam Spaß haben“, sagt sie. „Das war einfach ein toller Tag“, schwärmt Egzona und beißt genüsslich in ihren Burger (natürlich
100 Prozent Rind ?). Der Förderverein sponserte nach dem Training auch das Mittagessen und Getränke und sorgte damit für einen gelungenen Abschluss.
Die Schüler und Schülerinnen und ihre Lehrerin haben übrigens noch am selben Tag eine Tennis-WhatsApp-Gruppe gegründet: der nächste Trainingstermin steht schon fest…
(Chr. Angele)