10.000 Euro für einen Zebrastreifen: Schüler setzen sich dafür ein, Stadt ist noch unentschlossen

Schüler, Anwohner, Eltern, Lehrer und Autos nutzen die Tuttlinger Straße in Stockach. Damit sie sicherer ans Ziel kommen, beantragen vier Schüler einen Zebrastreifen. Doch es gibt auch Punkte, die dagegen sprechen.

SchülerInnen setzen sich für Zebrastreifen ein

Lehrer Steve Herold und die Elftklässler Maja Despotovic, Leo Jessberger und Marian Stocker (von links) setzen sich für einen Zebrastreifen zwischen dem Stadtgarten und ihrer Schule ein. | Bild: Claudia Ladwig

 

Vier Jugendliche machen sich stark für einen Zebrastreifen über die Tuttlinger Straße. Maja Despotovic, Jule Bender, Leo Jessberger und Marian Stocker sind Schüler der Klassenstufe WGI 11 des Wirtschaftsgymnasiums am Berufsschulzentrum Stockach. Jeden Freitag steht das Lernformat „FreiDay“ rund um Nachhaltigkeit auf ihrem Stundenplan. Dabei stellen sich die Schüler Zukunftsfragen, entwickeln innovative und konkrete Lösungen und setzen ihre Projekte um. Steve Herold unterrichtet FreiDays. Er erklärt, der Ansatz des Projekts der vier Schüler sei, Stockach zu einem schöneren und sicheren Ort zu machen.

Das Lernformat ist Teil eines Gesamtkonzepts, wie Schulleiterin Saskia Metzler betont: Als BNE-zertifizierte Schule – BNE steht für Bildung für nachhaltige Entwicklung – orientiere sich das Berufsschulzentrum Stockach an den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen der UN. Den Bereich Infrastruktur haben die Schüler selbst gewählt. Marian Stocker sagt: „Wir wollen Stockach zu einem besseren Ort machen. Dazu gehört für uns auch die Sicherheit der Schüler, aber ebenso die der Anwohner.“

Warum diese Stelle einen Zebrastreifen braucht

Sie setzen sich deshalb für einen weiteren Zebrastreifen über die Tuttlinger Straße ein: „Vom Krankenhaus kommend rechts von der Einmündung der Straße Am Stadtgarten wäre für die meisten Personen eine gute Stelle zum Überqueren der Straße – egal, ob sie vom Bahnhof oder aus der Unterstadt kommen, von der Bushaltestelle oder aus dem Wohngebiet“, zählt Marian Stocker auf.

Er ergänzt, sie hätten der Goldäckerschule ihr Projekt vorgestellt und Zustimmung erfahren. Dortige Lehrkräfte würden öfter mit ihren Klassen in den Stadtgarten gehen und ebenso von einem Fußgängerüberweg profitieren wie die Sonnenlandschule. Im Berufsschulzentrum und in der Grundschule hängen Unterschriftenlisten, in die sich Lehrer, Schüler, Eltern oder auch Anwohner eintragen können, um den Umsetzungswunsch zu unterstützen. 

Vor dem Schulsekretariat

Maja Despotovic, Marian Stocker und Leo Jessberger (von links) vor der Unterschriftenliste, die an der Tafel neben dem Schulsekretariat des BSZ hängt. | Bild: Claudia Ladwig

 

Notwendiger Termin dauert noch etwas

Carsten Tilsner, Leiter des Ordnungsamts der Stadt Stockach bestätigt, dass die Schüler bei ihm einen Fußgängerüberweg beantragt haben. Aktuell gebe es noch keine Entscheidung. „Der nächste Schritt ist ein Termin mit einem Vertreter des Polizeipräsidiums, Landratsamt und den Antragsstellern, bei dem darüber beraten wird.“ Dieser Termin werde voraussichtlich vor den Sommerferien stattfinden.

Tilser gibt zu, dass er im Gespräch mit den Jugendlichen Zweifel an der Notwendigkeit eines Fußgängerüberwegs geäußert habe. An der Stelle gelte seit einigen Jahren zu den Schulzeiten Tempo 30.

Die Meinungen gehen auseinander

Leo Jessberger sagt dazu: „Viele Autofahrer halten sich nicht an Tempo 30. Vor allem von der Grundschule her kommen viele Fahrzeuge angeschossen.“ Gerade morgens herrsche sehr viel Berufsverkehr, auch viele sogenannte Eltern-Taxis seien zur Grundschule unterwegs. „Da muss man manchmal auch an dieser übersichtlichen Stelle fünf Minuten warten, bis man über die Straße gehen kann.“

Mit Blick auf das Argument, die Jugendlichen wollten sich für mehr Sicherheit von Schülern genau an dieser Stelle einsetzen, stellt Carsten Tilsner klar, ein Zebrastreifen sei keine Frage der Sicherheit, sondern des Vorrangs für Fußgänger gegenüber dem Fahrzeugverkehr.Das sei ihnen bewusst, so die Schüler. Sie sehen einen Zebrastreifen vielmehr als Erleichterung. „Es wäre ja meist nur morgens für rund 20 Minuten eine Einschränkung der Autofahrer. Vor allem im Winter, wenn es noch dunkel ist, würde er den Fußgängern sehr helfen.“

Das Argument, ein Stück weiter sei doch einen Zebrastreifen, weist auch die Schulleiterin freundlich zurück. „Der Umweg durch den Stadtgarten, um bei der Grundschule über den Zebrastreifen zu gehen, klappt nicht.“ Schließlich müsse man dafür ein ganzes Stück in die falsche Richtung laufen, das mache niemand gerne, stellt sie fest.

Allgemeine Voraussetzungen für einen Zebrastreifen

Carsten Tilsner teilt auf Anfrage weiter mit, die von den Jugendlichen vorgeschlagene Stelle käme grundsätzlich für einen Zebrastreifen in Frage. Solche Fußgängerüberwege sind laut Straßenverkehrsordnung nur innerorts auf beleuchteten Straßen mit maximal einem Fahrstreifen je Fahrtrichtung bei mindestens 50 querenden Fußgängern pro Werktagsstunde, mindestens 200 Kraftfahrzeugen in der gleichen Stunde und einer maximalen Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometer pro Stunde erlaubt. Auf beiden Straßenseiten müssen Gehwege vorhanden sein. Bei Tempo 30 wie hier vor dem Schulgelände muss der Fußgängerüberweg auf 50 Meter, der Wartebereich des Fußgängerüberwegs auf 30 Meter erkennbar sein.

Marian Stocker ist überzeugt: „Auf diese Zahlen kommt man hier morgens auf jeden Fall, bei den Fahrzeugen und vor allem bei den Fußgängern, wenn mehrere volle Busse ankommen plus Kinder aus dem Wohngebiet und vom Bahnhof.“

Die Einrichtung würde 10.000 Euro kosten

Saskia Metzler ist froh über die Möglichkeiten für ihre Schüler, innerhalb des Projekts und somit im geschützten Rahmen Schule den Kontakt zur Politik und zur Stadtverwaltung aufzunehmen. „Demokratie lebt doch davon, dass Bürger sich beteiligen“, sagt sie.

Der Ordnungsamtsleiter gibt bei allem Verständnis jedoch zu bedenken: „Die Einrichtung eines Zebrastreifens kostet etwa 10.000 Euro – Geld, das nicht übrig ist, sondern bei dem sich der Straßenbaulastträger entscheiden muss, für welches Projekt er es ausgibt und damit auch, für welches nicht.“

 

Text: Claudia Ladwig (Südkurier: externer Link)