Am 10.10.2019 berichten am BSZ (Beginn: 09:30 Uhr; Raum: GÄS 1.12 & 1.13) zwei Zeitzeugen über ihre Erfahrungen mit der kommunistischen Diktatur in Ostdeutschland.
Marianne Rüdiger (geb. 1941) war als Lehrerin im thüringischem Grenzgebiet tätig. Frühzeitig kam sie in Konflikt zwischen ihrem Gewissen und der Pflicht, ihre Schüler im Sinne des Staates zu erziehen. Da es ihr immer mehr widerstrebte, junge Menschen im Geiste des Sozialismus zu formen, beschloss sie zu fliehen. Bei dem Versuch, die ungarisch-österreichische Grenze zu überwinden, wurde sie verhaftet und zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach deren Verbüßung musste sie zunächst zwei Jahre als Kathodenmacherin im Betrieb Carl Zeiss in Saalfeld arbeiten. Danach wurde sie als Horterzieherin und 1970 wieder als Lehrerin eingestellt. Als nach der Ausbürgerung Biermanns der Druck auf Andersdenkende immer größer wurde, stellte sie mit ihrer Familie den Antrag auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR. Daraufhin erfolgte die sofortige Kündigung. Bis zur Genehmigung der Ausreise vergingen sieben Jahre, geprägt von Schikanen durch die staatlichen Behörden, einschließlich Drohungen mit Heimeinweisung der Kinder. Mehrfach wurde über die Familie „Hausarrest“ verhängt. Im Februar 1984 erlangte Marianne Rüdiger die Ausreise in die Bundesrepublik.
Hartwig Kluge (geb. 1947 in Halle/Saale) wuchs in einem bürgerlichen Elternhaus in Mücheln auf und machte dort 1966 Abitur. Eine Ausbildung an einer staatlichen Universität blieb ihm verwehrt, so dass er sich zu einem Kirchenrecht-Studium an der kirchlichen Hochschule in Naumburg entschloss. Als Student beteiligte er sich an einer Flugblattaktion gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei im August 1968 und geriet so ins Visier des Staatsicherheitsdienstes. Im Januar 1969 missglückte sein Fluchtversuch über die ungarisch-jugoslawische Grenze. Er wurde verhaftet und wegen „Republikflucht“ zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Im Rahmen des Häftlingsfreikaufs gelangte er im Dezember 1969 in die Bundesrepublik.
Die Veranstaltung wurde vom Koordinierenden Zeitzeugenbüro vermittelt. Es fungiert als gemeinsame Servicestelle der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Stiftung Berliner Mauer und ist an der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen angesiedelt. Gefördert wird das Projekt von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.