Südkurier: Warum Schüler und Firmen weiter auf Karrieretag im BSZ setzen

Trotz digitaler Jobsuche: Warum Schüler und Firmen weiter auf Karrieretag im BSZ setzen 

Die Jobsuche läuft heute vermehrt über das Internet. Doch beim Karrieretag im Berufsschulzentrum präsentierten sich gut 100 Aussteller. Firmen und Schüler erklären, warum solche Veranstaltungen wichtig bleiben.

Im Berufsschulzentrum (BZS) in Stockach war am vergangenen Freitag viel los. Denn am 31. Karrieretag beteiligten sich gut 100 Betriebe, Hochschulen und Institutionen. Schüler aus der Stadt und der ganzen Region kamen, um sich über Wege in ihre Zukunft zu informieren. Einer der Organisatoren, Lehrer Matthias Schalk, sagte, man erreiche bei den Ausstellern die Kapazitätsgrenze. „Unsere Warteliste ist lang, es gibt mehr Anfragen als Plätze. Gefühlt wollen immer mehr Teilnehmer mitmachen“, so Schalk. Auch die komplette Schulgemeinschaft war den ganzen Tag im Einsatz. Und das, obwohl viele Menschen sich ihre Stellen inzwischen eher im Internet suchen. Doch solche Präsenzveranstaltungen sind für Unternehmen und Jobsuchende noch immer wichtig.


Politiker aus der Region auch dabei 

Schalk lobte vor allem Julian Maier, David Hugger, Marvin Schulte und Mika Weinbruch vom Berufskolleg T2, die für die Planung der Stände und deren Ausstattung verantwortlich waren. „Sie waren auch die Ansprechpartner für die Betriebe und nahmen regelmäßig mit den Lehrern an Meetings teil. Sie haben einen richtig wichtigen Job übernommen, der großes Engagement fordert, und das ganz toll gemacht“, sagt Schalk.


Zum offiziellen Start waren unter anderem Landrat Zeno Danner, Stockachs Bürgermeisterin Susen Katter, ihr Vorgänger Rainer Stolz, Mühlingens Bürgermeister Thorsten Scigliano und dessen Vorgänger Manfred Jüppner sowie die Ortsvorsteher Udo Pelkner aus Wahlwies und Wolf-Dieter Karle aus Hindelwangen erschienen. Dass der Landrat da war, empfand Matthias Schalk ebenso wie die Teilnahme der geladenen Gäste als Wertschätzung und Anerkennung.


Susen Katter betonte, ihr sei wichtig, das Bewusstsein für Demokratie zu schärfen. Demokratie ermögliche den Zugang zu Schule und Bildung sowie die Berufsfreiheit für alle. Sie hob auch die Bedeutung des Berufsschulzentrums für Stockach und die gesamte Raumschaft hervor. Anschließend besuchte sie mit ihrem Stellvertreter Werner Gaiser die Ausstellung. Einige Angebote probierte sie direkt aus, etwa eine (fiktive) Möbelbestellung bei einer der drei Übungsfirmen des BSZ.


Darum ist der Tag für Betriebe so wichtig 

Die Vertreter der Betriebe bekräftigten die Bedeutung der Präsenz-Veranstaltung. Lisa Butsch, Ausbildungsleiterin bei Rieker, sagte, der persönliche Kontakt sei wichtig und die Hemmschwelle niedrig. „Jugendliche bauen so eine Verknüpfung auf und erinnern sich ans Unternehmen“, erklärte sie. Ein oder zwei ernsthafte Interessenten für eine Ausbildung seien dabei gewesen, so Butsch.


Steve Funke, Leiter gewerbliche Ausbildung bei der Bacher Edelstahlverarbeitung GmbH in Stockach, empfand den Karrieretag ruhiger als sonst. „Aber es gab gute Gespräche. Die Teilnahme lohnt sich definitiv, man kann Vieles näherbringen und gezielte Fragen beantworten“, berichtete er.
 

Auch die Eto Magnetic GmbH ist Stammgast beim Karrieretag. „Als größter Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb vor Ort gehört es sich, hier zu sein“, so Ausbildungsleiter Michael von Briel. Auch seiner Beobachtung nach waren weniger Schüler da als sonst. „Aber die, die zu uns kommen, stellen gezieltere Fragen“, bemerkte er. Es seien durchaus potenzielle Kandidaten dabei. „Die müssen sich jetzt halt auch wirklich bewerben“, ergänzte er und fügte hinzu, man könne bei ihnen gerne ein Praktikum machen. Viele Praktikanten hätten danach direkt ein Bewerbungsgespräch und bekämen einen Vertrag.


Firmen werben mit Attraktionen und Gewinnspielen 

Für Anselm Schmitt von der Deutschen Angestellten-Akademie (DAA Bodensee Hochrhein) bietet der Karrieretag eine gute Möglichkeit, sich zu vernetzen. In der Pflege seien viele Zeitarbeitsmodelle und verschiedene Arbeitsfelder möglich, warb er.

Neben ihm informierte Juliana Jansen, Auszubildende zur Heilerziehungspflegerin, über Chancen in ihrem Berufsfeld. Das Interesse an sozialen Berufen sei da, bestätigte Jeruscha Schettler von der Caritas Singen-Hegau. Manche Schüler seien noch recht schüchtern, andere kämen mit konkreten Fragen zu ihnen. 


Premiere für Action Walk 

Mit dem „Action Walk“ sollten die Schüler abgeholt werden, die nicht top vorbereitet waren, so Lehrer Matthias Schalk. An acht Stationen konnten sie spielerisch berufliche Perspektiven erkunden. Nach erfolgreicher Teilnahme erhielten sie ein Zertifikat zum „Action Walk Hero“. Bei Allweiler lernten die Jugendlichen, welche Aufgaben Industriekaufleute haben. Beim Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung konnten sie Wasserproben bestimmen und verschiedene Varianten zum Pipettieren testen. Die Caritas Singen-Hegau stellte den Beruf des Heilerziehungspflegers vor, während am Stand der Chiron Group SE Geschicklichkeit gefragt war. Dort sollte eine Drahtahröse über einen gebogenen Draht geführt werden, ohne diesen zu berühren. Hammerwerk Fridingen forderte dazu auf, einen Bausatz mit vorgegebenen Bauteilen und Werkzeugen zusammenzusetzen. Ähnlich war es bei Renfert, wo Teile aus dem 3D-Drucker zu einer Halterung für eine Klebebandrolle zusammengebaut werden sollten. Bei Schubert System Elektronik mussten SMD-Bauteile auf ein USB-Thermometer gelötet werden. (wig)
Zahlreiche Aussteller hatten sich Aktionen ausgedacht, um leichter mit den Jugendlichen in Kontakt zu kommen. Neben Gewinnspielen gab es zum Beispiel einen Reaktionstest bei der Barmer Krankenkasse oder ein Wissensspiel bei der ZG Raiffeisen. Zweirad Joos hatte ein Schnellbewerbungs-Tool dabei. Personalreferentin Manuela Schulz erzählte von vielen Ausbildungsmöglichkeiten im technischen wie auch kaufmännischen Bereich. Überall wurde deutlich, dass Firmen oft mehrere Ausbildungen sowie ein duales Studium oder Praktikumsplätze anbieten.


Das gilt auch für die Senn-Bau GmbH aus Aach, die erstmals auf einer solchen Messe war. Diana Senn erzählte: „Wir haben drei Ausbildungsstellen, aber wir finden keine Auszubildenden. Man muss die Jugendlichen hier aber gezielt ansprechen.“ Bei ihnen sei jederzeit ein Praktikum möglich, sagte sie und wies darauf hin, dass der Verdienst im Handwerk zwischenzeitlich gut sei. 

So kam der Karrieretage bei den Schülern an 

Und wie beurteilten Schüler das Angebot? Philipp Zhang, Kursstufe 1 des Gymnasiums Engen, hatte neben vielen kleinen Geschenken auch einige wertvolle Informationen gesammelt. Er habe jedoch auch einige unzureichend informierte Anbieter getroffen, merkte er an. Insgesamt waren er und seine Kurskollegen aber zufrieden mit dem vielfältigen Angebot.


Laurin Forster, Klassenstufe 10 am Nellenburg-Gymnasium Stockach, lobte die Möglichkeit, erste Einblicke in die Berufswelt zu erhalten. „Viele wissen noch nicht, was sie mal machen wollen. Das ist eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen.“ Persönlich zu kommunizieren sei besser als online, man komme schneller ins Gespräch, sagte er. Auch für das Bogy-Praktikum im April finde man hier bestimmt noch einen Platz. 

Während er die Aufgabe hatte, einen Steckbrief über ein Unternehmen zu verfassen, waren Louisa Haselberger und Jule Hertkorn, beide Klassenstufe 12 am Nellenburg-Gymnasium, zwar wie alle Zehntklässler und Schüler der Kursstufen von der Schule aus verpflichtet, den Karrieretag zu besuchen. Doch sie konnten sich frei nach eigenem Interesse umsehen und Informationen sammeln.
Zusätzlich zur Ausstellung, die sich auch aufs Außengelände erstreckte, fanden bis mittags in der Goldäckerschule, im Werkstattgebäude und im Hauptgebäude Vorträge statt. Erstmals waren auch Themen für Lehrer dabei.

(Claudia Ladwig I Südkurier-Artikel)